Batterie, wechsle Dich!

Im Augenblick wird in Deutschland heftig diskutiert, wie möglichst schnell möglichst viele Ladestationen für die Akkus der e-Autos geschaffen werden können. Und da das Laden nicht so lange dauern darf, sollen die Ladenstationen ein schnelles Laden unterstützen.

Der alternative Ansatz, die leeren Akkus bei Bedarf einfach aus dem Fahrzeug zu nehmen und durch geladene zu ersetzen, kommt in der öffentlichen Diskussion kaum vor. Auf der Nachrichtenseite der ARD erschien am 5. Mai ein Bericht über ein Pilotprojekt in Berlin. In diesem Projekt sollen Taxis mit Elektroantrieb eingeführt werden. Diese Taxis sollen durch einen Wechsel des Akkus betriebsbereit gehalten werden.

Der Bericht geht auf die Vorteile und Herausforderungen eines solchen Ansatzes ein. Hier eine Zusammenfassung und Ergänzungen von mir:

  • Der Fahrzyklus von Taxis eignet sich besonders für Akku-Tausch: Kundenfahrten über kleine und mittlere Entfernungen mit Ruhezeiten, die für den Akku-Tausch genutzt werden können. Und in einer großen Stadt wie Berlin lassen sich genügend strategisch günstig platzierte Tausch-Zentren aufbauen. In der Fläche könnten die im Vergleich zu Ladestationen deutlich größeren Tauschstationen auf die Dauer die existierenden Tankstellen ersetzen.
  • Wenn man das Tausch-Prinzip massentauglich machen möchte, kommt man allerdings um eine Standardisierung der Akkus nicht herum. Separate Tauschstationen für Mercedes, Porsche, BMW usw. würden eine jeweils eigene Infrastruktur für jeden Hersteller erfordern, was zwangsläufig zu einem dünnen Netz für jede Marke führen würde.
  • Die deutschen Autohersteller wehren sich massiv gegen den „Tausch-Gedanken“ – die chinesischen Hersteller weniger, weshalb das Berliner Pilotprojekt mit einem chinesischen Partner durchgeführt wird.
  • Die Gründe für den Widerstand der deutschen Anbieter liegen auf der Hand:
    • Die deutschen Autobauer wollen sich das lukrative Geschäft mit Komponenten und Ersatzteilen nicht aus der Hand nehmen lassen. Die Älteren unter euch erinnern sich vielleicht noch an die Zeiten, als Auto-Fans in den Elektromarkt gepilgert sind, sich das Auto-Radio ihrer Wahl gekauft und persönlich eingebaut haben. Bei neuen Modellen sind die Radios fest verbaut. Schon das Auswechseln einer Scheinwerfer-Birne erfordert oft einen Werkstatt-Besuch, bei dem dann die teuren Edel-Leuchtmittel des Herstellers eingebaut werden.
    • Entsprechend würde eine Standardisierung von Wechsel-Akkus Konkurrenz von außerhalb der Auto-Industrie einladen, mit eigenen Akkus die Preise zu „verderben“.
    • Die Elektronik-Industrie hat vorgemacht, wie durch fest verbaute Akkus den Kunden suggeriert werden kann: „Akku kaputt – lohnt sich der Tausch oder solltest Du nicht gleich ein neues Produkt kaufen?“
  • Niedlich sind die Argumente, mit denen sich die Auto-Industrie und die mit ihr verbandelten Forschungseinrichtungen gegen Wechsel-Akkus wehren:
    • Austauschbare Akkus seien schwerer. Das ist zwar richtig, weil solche Akkus solide verpackt werden müssen, um ohne Schaden aus dem Fahrzeug entnommen werden zu können. Ein solches Argument kommt von einer Branche, die ihre Produkte in den letzten Jahren sinnlos immer größer und schwerer gemacht hat?
    • Fest eingebaute Akkus seien billiger. Für die Hersteller sicher – für den Kunden wird es teurer, weil der Hersteller die Preise diktieren kann – siehe oben.
    • Eine Standardisierung der Wechsel-Akkus dauere zu lange. Das ist aus meiner Sicht nur vorgeschoben. Ein Kartell wie die europäische Auto-Industrie könnte sich sehr schnell auf einen Standard einigen, ohne dass deshalb die EU-Kommission involviert werden müsste. Wenn es nur wollte …
  • Einzig das Argument, man brauche mit einem solchen Ansatz deutlich mehr Akkus als PKW, ist angesichts des Rohstoffbedarfs für jeden Akku stichhaltig.
  • Wobei wir schon bei der nächsten Frage sind: Hätten Wechsel-Akkus eine höhere Lebensdauer? Der Bericht weist auf den Verschleiß von Akkus durch Schnell-Ladungen hin. Dieser Punkt gehört für mich seit langem zu den großen Rätseln der E-Mobilität. Ein „großer“ Akku hat heute eine Kapazität von 100 KWh. Nehmen wir an, ein solcher Akkus sei halbleer und soll in 15 Minuten aufgeladen werden. Um 50 KWh in 15 Minuten zu laden, benötigt man eine Leistung von 200 KW. Hinweis: Eure Herdplatte zieht bis zu 2 KW – euer Hausanschluss ist auf ein Maximum von 14,5 KW ausgelegt, das normalerweise nie erreicht wird. Wenn wir eine Spannung im Akku von 800 Volt annehmen (im Augenblick oberes Ende), ergibt dies einen Ladestrom von 250 A (200.000 Watt geteilt durch 800 Volt). Bei solchen Strömen darf ein Akku in keiner Zelle einen hohen inneren Widerstand haben, um nicht überhitzt zu werden.
  • Der enorme Leistungsbedarf einer Schnelllade-Infrastruktur muss bei Bedarf (z.B. während des Sommer-Reiseverkehrs) jederzeit verfügbar sein. Dagegen versucht man in anderen Bereichen, den aktuellen Stromverbrauch dem Angebot anzupassen. So sollen z.B. Waschmaschinen (wenige KW Leistung) nur aktiv werden, wenn „genügend Strom im Netz ist“. Ein Akku-Tausch-Konzept würde – im Gegensatz zu einer Schnelllade-Infrastruktur – ein Laden bei genügender Kapazität erlauben.

Ich will damit nicht behaupten, dass Wechsel-Akkus die perfekte Lösung sind. Die Gründe, mit denen eine Diskussion über dieses Thema abgebügelt wird, scheinen mir jedoch relativ wackelig.

Ein Kommentar zu „Batterie, wechsle Dich!

  1. FACK!
    Trotzdem, muss wieder gemeckert werden: Solche Diskussionen setzen an der Oberfläche an – leider ist das immer so die Wurzel bleibt unbesprochen: Es stehen Naturgesetze, immenser Aufwand und (andere) Umweltfolgen im Weg. Rechnet mir jemand vor wie toll und nachhaltig ein grünes E… ist, kriege ich jedesmal Atemnot – alles Schönrechnereien. Es bleibt bestehen:

    Die Energietransformation ist drastisch einzuschränken! Punkt.

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