Juristische Personen

Audi-Chef Stadler steht wegen seines Anteils am Abgasskandal vor Gericht. Sicherlich hat Stadler die Veranstwortung getragen, als Audi-PKW mit manipulierter Abgasregelung verkauft wurden. Aber ist die Ideee, die Abgasregelung so zu steuern, dass sie zwar auf dem Prüfstand einwandfrei funktioniert, aber im realen Leben eher nicht, tatsächlich von Stadler entwickelt worden? Da in der ganzen deutschen Automobil-Industrie mit diesem Trick gearbeitet wurde, lautet die Antwort: Eher nicht.

Sollte man nicht die Automobil-Industrie – oder zumindest den VW-Konzern – auf die Anklagebank sezten? Hier lautet die Antwort: Zivilrechtlich kann man einen Konzern auf Schadenersatz verklagen – strafrechtlich ist einem Konzern schwer beizukommen. Das liegt am Konzept der „Juristischen Person„:

  • Eine juristische Person kann Eigentum erwerben, besitzen und veräußern (z.B. Patentrechte) – so wie natürliche Personen wie wir.
  • Sie kann aus dem Nichts entstehen (z.B: durch Gründung einer GmbH) und kann sich in Luft auflösen (z.B. nach einem Bankrott). Durch die Möglichkeit, „aus dem Leben zu scheiden“, schützt das Konstrukt „juristische Person“ die Geldgeber, die hinter der juristischen Person stehen, vor Schadenersatzforderungen. Schadenersatzforderungen können nur bis zum Wert der juristischen Personen eingetrieben werden. Auf das persönliche Vermögen der Eigentümer kann normalerweise nicht zugegriffen werden.
  • Strafrechtlich belangt werden kann eine juristische Person nicht. Ins Gefängnis muss im Zweifelsfall die Geschäftsführung (z.B. Stadler). Die juristische Person kann unbehelligt weiter agieren.

Insbesondere die mangelnde strafrechtliche Verantwortung von juristischen Personen ist fragwürdig. Wenn nur die Geschäftsführung kriminell gehandelt hat, ist mit der Verurteilung der Geschäftführung der Gerechtigkeit Genüge getan. Wenn aber kriminelle Machenschaften zum Geschäftsmodell der juristischen Person gehören (und da gibt es viele Beispiele), ist eine Aburteilung der Geschftsführung ein Bauernopfer.

Warum kann eine juristische Person nicht mit Freiheitsentzug bestraft werden? Natürlich können wir einen Konzern nicht ins Gefängnis stecken. Aber wir könnten einen Konzernen unter verschärfte Aufsicht stellen oder bestimmte unternehmerische Entscheidungen nur nach Genehmigung durch einen „Bewährungshelfer“ zulassen. Und im Extremfall die Todesstrafe (Zerschlagung) …

Stattdessen rettet die Gesellschaft juristische Personen, die Mist gebaut haben, mit Steuermitteln – weil diese juristischen Personen angeblich systemrelevant sind.

Ein Kommentar zu „Juristische Personen

  1. Stattdessen rettet die Gesellschaft juristische Personen, die Mist gebaut haben, mit Steuermitteln – weil diese juristischen Personen angeblich systemrelevant sind. FACK! Im thematisierten Detail: So hatte ich das Problem „Systemrelevan“ noch nicht gesehen.

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