Öffentlich-rechtliche Propaganda

Die meisten Medien in Deutschland unterstützen den Kurs der Radikalen Mitte bedingungslos – alternative Ansichten werden nicht erwähnt oder schnell mit einem abwertenden Label (von weltfremd bis fremdgesteuert) versehen.

Darüber beklagen sich BürgerInnen im privaten Kreis, aber natürlich werden Meta-Diskussionen über Medien in den Medien selbst selten geführt. Im Gegenteil: Als Welzer und Precht in Die Vierte Gewalt das Verhalten der Medien kritisierten, fegte ein medialer Sturm der Entrüstung über sie hinweg.

All das hat im letzten Jahrzehnt zu einem starken Vertrauensverlust in Politik und Medien in der Bevölkerung geführt. Auch dieser Vertrauensschwund ist eher ein Tabu-Thema, führt aber inzwischen auch bei Wahlen und Medienkonsum zu bedenklichen Konsequenzen: Stärkung rechts-populistischer Parteien und Offenheit für Verschwörungserzählungen.

Als am 12. März 2024 das Programm des Deutschland-Funks einmal wieder im Zusammenhang mit einem Friedensappell des Papstes extrem „Staats-tragend“ war, habe ich folgende Mail an den Sender geschrieben.

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Sehr geehrte Damen und Herren

Der DLF wird immer mehr zum Sprachrohr der militärischen Falken. Das Grundnarrativ dieser Falken „Wir müssen nur genügend Waffen in die Ukraine schicken, dann wird Putin schon klein beigeben“ wird nirgendwo im DLF in Frage gestellt. Genauso wenig wird thematisiert, ob ein wenig aussichtsreicher Kampf die vielen zu erwarteten ukrainischen Opfer wert ist. Ebenso dominiert bei der Berichterstattung zum Gaza-Krieg das Narrativ „Israel muss sich halt schützen“ die Frage „Wie kann man die Region wieder befrieden?“.

So auch im heutigen Programm:

  • Das Papst-Bashing wird sogar in der Sendung „Aus Religion und Gesellschaft“ exerziert. Sie laden einen Kommentator der WELT ein (einer Zeitung, deren politische Agenda ja bekannt ist). Dieser Kommentator darf dann anmahnen, dass der Papst Putin und die Hamas genügend tadeln müsse, bevor er sich überhaupt zu den aktuellen Konflikten äußern darf. Und da der Papst das nicht getan habe, dürfe man die eigentliche Aussage von Franziskus („Die Ukraine soll akzeptieren, dass sie diesen Krieg nicht gewinnen kann.“) als Parteinahme für Russland darstellen – was sie nicht ist.
  • Diese beliebte rhetorische Denkfigur „Da uns deine Verurteilung der Täter nicht genügt, müssen wir uns inhaltlich mir Dir gar nicht erst auseinandersetzen“ wird auch bei anderen Anlässen im DLF zelebriert: z.B. zur Skandalisierung der pro-Palästina-Statements auf der Berlinale, zur Diskreditierung von Forderung nach Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg oder nach einem Waffenstillstand in Gaza.
  • Ebenso eine Zumutung: In die Sendung „Europa heute“ wird die NATO-Lobbyistin Stefanie Babst eingeladen (auch die DPAG, bei der Babst inzwischen ist, trommelt für die NATO). Frau Babst darf dann unwidersprochen behaupten, dass der Kosovo-Krieg ein High-Light der NATO-Geschichte gewesen sei. Dabei war dieser NATO-Einsatz völkerrechtswidrig und der als Begründung angegebene drohende Völkermord an den Kosovaren nach dem heutigen Erkenntnisstand eine Propaganda-Lüge. Das störte ihre Moderatorin offensichtlich nicht im geringsten: Sie sah ihre Rolle darin, Frau Babst beim Schwadronieren zu helfen.
  • Im Programm wird ständig für eine Lieferung von Taurus-Raketen getrommelt – gemäß dem oben erwähnten Narrativ „Der Endsieg wäre sicher, wenn wir nur nicht so zögerlich mit den Waffenlieferungen wären – immer dieser blöde Scholz“.
  • Gerne wird im Programm auch darauf verwiesen, dass die Bundeswehrgeneräle im abgehörten Gespräch ja Scholz‘ Aussage widersprochen hätten, es brauche keine deutsche Unterstützung vor Ort, um die Taurus scharf zu machen. Dabei drehte sich das ganze Gespräch darum, wie kompliziert es sei, den Ukrainern KURZFRISTIG mit Taurus zu helfen, ohne selbst involviert zu werden.
  • In ihren Sendungen wird natürlich auch nicht erwähnt, dass die Generäle den Taurus-Lieferungen nur einen geringen Wert für den weiteren Kriegsverlauf zubilligen.
  • Es wäre insgesamt wohltuend, wenn in ihrem Programm mehr über Inhalte (z.B. des ge-leakten Gesprächs) berichtet würde und nicht nur Wertungen zu einem oft unzureichend beschriebenen Inhalt verbreitet würden („Desinformation/Fake News, antisemitisch, menschenverachtend, Völkermord, …“).
  • Geradezu kindisch ist es, wenn im DLF so getan wird, als ob Scholz‘ Hinweis, dass Franzosen und Engländer Experten vor Ort hätten, um die jeweiligen Marsch-Flugkörper zu programmieren, Geheimnisverrat sei. Die Russen wissen das längst. Die einzigen, für die das neu war, waren vermutlich die HörerInnen des DLF.
  • Fakten statt Meinungen sollte die Devise in einem seriösen Medium sein. Aber da besteht oft ein krasses Missverhältnis: 20 Sekunden inhaltliche Meldung im Nachrichtenteil – und dann wird einem Politiker oder einem Experten aus einem der einschlägigen Think-Tanks 10 Minuten Zeit gegeben, eine Wertung abzugeben: Die Verbreitung von Meinungen dominiert die Darstellung von Fakten.
  • Spannend ist natürlich auch, welche Interviews es dann wiederum in den Nachrichtenteil schaffen. Sehr auffällig war z.B., dass  es das Interview mit Udo Bullmann nicht in die folgenden Nachrichten-Sendungen geschafft hat: Er hatte wohl ein zu düsteres Bild der Lage in Gaza gezeichnet. Dagegen wird sonst jedes belanglose Interview mit einem Hinterbänkler durch ein „Im Interview mit dem DLF sagte …“ in den nächsten 2-3 Nachrichtenblöcken gefeiert.

Der DLF entwickelt sich immer mehr zu einem Propaganda-Sender.

Dabei ist die Aufgabe des ÖRR [Öffentlich-rechtlicher Rundfunk],

  • basierend auf einer Grundfinanzierung durch die BundesBürgerInnen (was absoluter Luxus ist)
  • ohne Abhängigkeit von Eigentümern und Investoren (im Gegensatz zu den meisten Zeitungen)
  • mit genügend Zeit zur ausführlichen Recherche (im Gegensatz zu den meisten Zeitungen)

ein ausgewogenes Für-und-Wider im Programm darzustellen.

Stattdessen sieht der ÖRR seine Rolle offensichtlich darin, dem Publikum ein betreutes Denken anzubieten.

Ich vermute, ich bin nicht einzige Gebührenzahler, der sich über einseitige Darstellungen beschwert. Aber Kritik perlt vermutlich am ÖRR ab.

Mit freundlichen Grüßen

Ein Kommentar zu „Öffentlich-rechtliche Propaganda

  1. Namd Thomas,

    ich weiß nicht was Du mit wp abgemacht hast: Nach längerem Kommentar auf
    Deiner Seite ging der nicht durch, irgendwas mit anmelden, Googel, wp
    usw. usf … und dann war er weg:

    Wenn Du da etwas wiederbeleben kannst, dann tue das bitte, ich schreib’s
    nicht noch mal.

    Hier die Kurzform: Alles d’accord.

    Etwas säuerliche Grüße
    Helmut

    PS.: Mir gefällt auch diese Reklame… nicht (das trifft auch auf ebo zu).
    🤮  Macht das reich?? NmM stößt man mit dieser Masche ins falsche Horn.
    Sry, meine Meinung. Ich arbeite mit Linux und nutze FF. Das erste was
    ich tue, setze ich das OS neu auf, ist FF von Googleeinträgen befreien.
    Ob’s was hilft? Nobody knows, but its a great feeling! 🙂

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