Öffentlich-rechtliche Propaganda – Teil 2

Ich hatte vor einiger Zeit den DLF angeschrieben, um die einseitige Berichterstattung zu den Kriegen in der Ukraine und in Gaza zu kritisieren. Die ursprüngliche e-Mail steht hier.

Zu meiner Überraschung habe ich eine Antwort erhalten:

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Sehr geehrter Herr Damrau,

vielen Dank für Ihre ausführliche Kritik. Sie bezieht sich ja nur zu einem kleinen Teil auf die Nachrichten, hier möchten wir als Reaktion aber gerne reagieren, weil Sie ja ganz konkret ein Interview ansprechen. Dieses Interview mit Herrn Bullmann haben wir sehr wohl aufgegriffen – und zwar in dieser Nachricht:

„Südafrika hat den Internationalen Gerichtshof per Eilantrag aufgefordert, Israel anzuweisen, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu lassen.

Die Regierung in Pretoria habe dies mit einer weitverbreiteten Hungersnot in dem Küstenstreifen begründet, sagte ein Sprecher des Gerichts in Den Haag. Angesichts zunehmender Kritik auch aus anderen Ländern teilte die israelische Regierung mit, derzeit gelangten mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen als vor Kriegsbeginn.

Diese Darstellung wies der SPD-Politiker Bullmann im Deutschlandfunk zurück. Das israelische Bild von der Versorgungslage im Gaza-Streifen habe aus seiner Sicht nur wenig mit der Realität zu tun, sagte der Europaabgeordnete nach einem Besuch in Nahost. Die humanitären Bedingungen seien absolut unzumutbar und müssten sofort verbessert werden, das gehe nur mit einem Waffenstillstand. Bullmann erklärte, er habe insgesamt nicht den Eindruck, dass sich Israel in Gaza an das humanitäre Völkerrecht halte.“

In dieser Form wurde die Nachricht auch im Radio gesendet, zum Beispiel in der 10-Uhr-Sendung am Tage des Interviews.

Es liegt ja in der Natur von Nachrichten, möglichst neutral zu sein. Daran versuchen wir uns immer zu messen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre DLF-Nachrichtenredaktion

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Da diese Antwort nur auf einen Nebenaspekt meiner ursprünglichen Mail eingeht, habe ich noch einmal nachgelegt:

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Sehr geehrte Damen und Herren

Danke für Ihre ausführliche Antwort.

Allerdings gehen Sie auf den Kern meiner Beschwerde gar nicht ein: Die mangelnde Objektivität ihrer Berichterstattung UND die Dominanz der Meinungsbeiträge gegenüber der inhaltlichen Information.

Konkret:

  • Zum Thema Ukraine-Krieg werden vom DLF mit Begeisterung Agnes Strack-Zimmermann, Roderich Kiesewetter, Michael Roth, Annalena Baerbock, … eingeladen, die in jedem Interview dasselbe sagen: „Die Ukraine muss so lange kämpfen, bis Putin nachgibt.“ Da diese Botschaft in jedem Interview wiederholt wird, hat sie wenig Nachrichtenwert. Noch ärgerlicher ist, dass Ihre ModeratorInnen ihre Aufgabe NICHT darin sehen, kritisch zu fragen, welche Kriegslage Putin denn zum Nachgeben bringen und ob/wie man diese Lage erreichen könnte. Stattdessen entsteht bei mir der Eindruck, dass ihre ModeratorInnen sich als Stichwortgeber sehen, die sicher stellen, dass kein Teil des Durchhalte-Narrativs (Notwendigkeit von Waffenlieferungen, Freigabe weiterer Waffensysteme, „Gürtel enger schnallen für den Sieg über Russland“, Gefahr für westliche Werte/die regelbasierte Ordnung, Sühne für russische Kriegsverbrechen, „Putin darf mit seinem Angriff keinen Erfolg haben/muss bestraft werden“, Tyrannei in den von Russland besetzten Teilen der Ukraine, zu erwartender Angriff Russlands auf NATO-Staaten/Moldavien, Warnung an China vor Tawain-Invasion, …) vergessen wird.
  • Ganz anders sieht es aus, wenn das Durchhalte-Narrativ öffentlich kritisiert wird – z.B. vom Papst. Dann werden die Aussagen der KritikerInnen so stark verkürzt, dass sie möglichst absurd erscheinen – eine Vorgehensweise, die ich sonst eher von Populisten kenne.

Deshalb muss sich der DLF inzwischen fragen, ob hinter seinem Spitznamen Radio Kiew nicht ein Körnchen Wahrheit steckt.

Noch einmal zum Interview mit Herrn Bullmann: Es ist schon ein großer Unterschied, ob

  • nach einem Interview mit Frau Strack-Zimmermann die nächsten drei Nachrichtenblöcke mit „Frau Strack-Zimmermann hat in einem Interview mit dem DLF [zum hundertsten Mal] gefordert, …“ eröffnet werden
  • die kritischen Töne von Herrn Bullmann in einem nachgeordneten Beitrag eingebaut werden.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Damrau

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